Kontakt
555-555-5555
mymail@mailservice.com

Wider dem Kulinaro-Deutsch:

 Jost auf der Maur, Facts, 14. April 1998:


Gesundheit! Endlich ist fein säuberlich aufgelistet, was den Champagner zum besten Schaumwein macht.

Warum wächst der beste Schaumwein der Welt in der Champagne? Die erbauliche Frage beantworten die Önologen der Champagne gern. Aber ihre Auskünfte sind unvollständig, zumal sie ihr Produkt mit alchemistischem Charm verbrämen. Paläontologen, Erdgeschichte, Chemiker, Historiker und Mediziner dagegen können Wissen zuschießen, was weit über die Sprudelkunde hinausgeht. In dem neuen Buch von Christian Göldenboog perlt es darum in spannender Weise.

Champagnerperle Nummer 1: Champagner ist gesund, denn es ist der Wein mit dem niedrigsten Histamin-Anteil überhaupt. Dieses Gewebehormon senkt zwar den Blutdruck schon in kleinsten Mengen, weitet aber die Kapillaren und beschert darum den Zechern oft schneller Kopfscherzen, als die Gläser leer sind. Gut, dass zurzeit in der Champagne rund eine Milliarde Flaschen des histaminarmen Durstlöschers lagern.

Champagnerperle Nummer 2: Champagner isst Medizin. Die Behauptung ist eine Ableitung des „French Paradox“: Die Franzosen nehmen 30 Prozent mehr Fett in Form von Butter, Olivenöl, Schmalz oder Crème fraîche zu sich als die Amerikaner, und dennoch sterben mehr Amis am Infarkt des Herzens, obschon sie doch auch mehr Sport treiben und weniger rauchen. Serge Renaud, Rektor des Institut National de la Santé, sieht die Ursache dafür im Weingenuss. Wein wirkt auf die Blutplättchen, und er vermag sie von den Arterienwänden zu spülen. Jedenfalls raten die Ärzte um Reims und Epernay namentlich ihren älteren Patienten, zur Auffrischung Champagner zu trinken.  

Champagnerperle Nummer 3: Champagner wirkt unmittelbar end, weil dank der Kohlensäure im Champagner die pharmakologische Wirkung des Alkohols rascher eintritt als bei stillem Wein.

Champagnerperle Nummer 4: Die Champagnards müssten ihren Schaumwein selber trinken, so super und reizlos wäre er, wenn Champagner nicht auf dem grössten Friedhof der Welt gedeihen würde. Die globale Katastrophe vor 65 Millionen Jahren, in deren Verlauf die Saurier sich verabschieden Müssen, bedeutet auch den Untergang für die Coccolithen, winzige Kalkalgen im Meer. In jenem erdgeschichtlichem Zeitpunkt ist das so genannte Pariser Becken und damit die Champagne von warmem Meerwasser überspült. Die winzigen Kalkalgen schweben nach ihrem Ableben zum Grund, häufen sich an: Die Ablagerung wächst in tausend Jahren um zehn Zentimeter. Die Coccolithen bilden schliesslich die 100 Meter mächtige Kreideschicht, auf der heute die Weingärten der Champagne angelegt sind. Auf diesem weltweit einzigartigen Weinboden muss die Rebe kämpfen. Andererseits speichert die Kreide Wärme, lässt Meteorwasser rasch versickern , kann aber dank ihrer hohen Porosität in einem Kubikmeter bis zu 600 Liter Wasser speichern. Mit dieser Reserve übersteht die Rebe auch den trockensten Sommer. Als Lianengewächse holen sie sich das Nass noch in zehn Meter Tiefe aus der Kreide, Dieser Untergrund, das Terroir, bringt den einzigartigen Charakter des Luxussprudels. 

Champagnerperle Nummer 5: Der Erfinder des Champagners ist nicht etwa - wie die Legende es will - der Mönch Dom Pérignon, sondern Klosterbruder Oudart. Er bemerkte, dass die Zugabe von Hefe und 24 Gramm Zucker pro Liter bei der Vergärung einen so hohen Gasdruck erzeugt, daß sich Kohlensäure mit dem Wein verbindet. 

Share by: